30. Mai 2010

Oliver Plaschka - Die Magier von Montparnasse

Klappentext
Zauberer nähren sich von der Verwirrung des Publikums wie Vampire von der Unschuld ihrer Opfer.

Paris 1926, ein Varieté am Montparnasse. Eigentlich hatten der Bühnenzauberer Ravi und seine Assistentin Blanche nur ihr harmloses Zauberkunststück im Sinn. Dann aber wird der große Ravi gezwungen, die älteste Regel der Zaubererzunft zu brechen: Vor aller Augen setzt er echte Magie ein.


Inhalt
Schon sechs Auftritte haben der Bühnenzauberer Ravi und seine Assistentin Blanche im Bobino absolviert - am Sonntag, dem 26. September 1926, steht ihr siebter und letzter an. Doch bei der letzten Nummer geht etwas schief und um Blanche das Leben zu retten sieht sich Ravi gezwungen, vor allen Augen echte Magie einzusetzten.
Danach fällt Blanche in einen schlafähnlichen Zustand, aus dem nur Ravi sie wieder befreien kann - wie, das muss er erst ergründen.

Ravi bringt Blanche in ihre Unterkunft, das Jardin, zurück und als er am nächsten Morgen aus dem Fenster blickt ist wieder jener Sonntag, der 26. September, angebrochen.

Alles nimmt seinen gewohnten Lauf. Die junge Kellnerin Justine verrichtet wie jeden Tag ihre Arbeit, genauso wie der Wirt Alphonse und seine Frau Esmée. Gegen Mittag kommt ein junger Schriftsteller, auf der Suche nach seinem Glück, am Jardin vorbei, Gaspard sein Name. Sein Blick kreuzt sich mit dem von Justine und beide wissen, dass sie irgendetwas verbindet - etwas, das am eigentlichen Sonntag geschehen ist.

Doch eines unterscheidet diesen neuen Sonntag vom vorherigen: Ein neuer Gast - Mr. Barneby - reist an und die Belegschaft des Jardin ist sich augenblicklich sicher, dass er ein genauso komischer Kauz wie der Zauberer Ravi ist. Was sie jedoch nicht wissen, ist, dass Barneby von der geheimnisvollen Société Silencieuse entsandt wurde, um Ravi und Blanche für ihr Vergehen zu bestrafen.

Nur wenig später treffen weitere Vertreter der Société ein und das Jardin wird zum Treffpunkt, wo geklärt werden muss, was vorgefallen ist, was die Zeit in solche Unregelmäßigkeit versetzt hat - und viel wichtiger: wie man aus dem Gefängnis des 26. September entkommen kann


Meinung
Wenn "Die Magier von Montparnasse" eines ist, dann richtig schwer zu beschreiben. Ich werde es trotzdem versuchen, denn das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen.

Schon das erste Kapitel, in dem Ravi von seinem letzten Auftritt im Bobino erzählt, hat mich mitgerissen. Ich fühlte mich sofort direkt angesprochen. Das war auch später noch der Fall, denn die Geschichte wird von allen beteiligten Personen abwechselnd immer aus der Ich-Perspektive erzählt. Dabei wendet sich jeder von ihnen auch immer wieder direkt an den Leser, spricht ihn an, fragt ihn nach seiner Meinung, macht Eingeständnisse. Gerade dieser Aspekt ist von Autor wundervoll gewählt und meisterlich ausgeführt.

Ein Nebeneffekt dieser abwechselnden Erzählperspektiven ist, dass der Leser die verschiedensten Sichtweisen und Ansichten der erzählenden Personen kennenlernt. Die Beobachtungen der Protagonisten hingegen fließen deckungsgleich ineinander über und ergänzen sich an den passenden Stellen.

Die Sprache ist dabei stets locker, amüsant und humorvoll. Besonders gefallen haben mir die geschmackvoll, treffend und raffiniert gewählten Vergleiche, die der Autor wie nebenbei einbaut. Als Beispiel möchte ich hier eine Beschreibung Esmées für Céleste - neben Mr. Barneby eine weitere Vertretung der Société - anführen, die mir die eben angesprochenen Vergleiche erst bewusst gemacht hat:
Mich erinnerte sie an einen Tiger, der auch nur so lange schön ist, wie er einem nicht zu nahe kommt.
- S. 244

Zur Handlung möchte ich loswerden, dass das Buch, obwohl sich der selbe Tag ganze sieben mal wiederholt und die Nicht-Magier alles immer wieder vergessen, nie auch nur annähernd langatmig wird. Das liegt neben der wundervollen Sprache vor allem auch daran, dass die Magier selbst nicht vergessen und den Verlauf immer in eine andere Richtung zu lenken versuchen, um die verschiedenen "Möglichkeiten" des Tages auszuloten.
Das Jardin wird dabei zur Drehscheibe eines ausgeklügelten Spieles zwischen den Beteiligten, bei dem jeder erst herausfinden muss, woran er bei den anderen ist.

Ich habe ein paar Mal im Internet gelesen, das Buch wäre kompliziert zu lesen. Auch dazu möchte ich ein paar Worte verlieren, denn ganz abschreiben kann ich diese Meinung nicht. "Die Magier von Montparnasse" muss man mit Sicherheit sehr aufmerksam lesen um nichts zu verpassen.
Ich selbst habe das Buch häppchenweise über zwei Wochen gelesen, was ich sonst überhaupt nicht gerne tue. Hier war es notwendig, hat sich aber keineswegs negativ sondern vielmehr positiv auf mein Leseerlebnis ausgewirkt.
"Die Magier von Montparnasse" ist in meinen Augen also nicht kompliziert, es verlangt lediglich die ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers. Auf dieses Buch muss man sich einlassen können und das muss man auch wollen. Sonst könnte es sehr leicht zu einer ziemlichen Quälerei werden.

Nehmt euch Zeit, genießt die schöne Sprache, die wundervollen Bilder, die Oliver Plaschka vor dem inneren Auge des Lesers entstehen lässt, bei "Die Magier von Montparnasse" kann man die Zeit vergessen und sich völlig von der Geschichte einlullen lassen.


Bewertung
Ich bin begeistert! Von Sprache und Handlung, von den Charakteren und dem Setting der Geschichte!






Herzlichen Dank für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars an Klett-Cotta!

2 Kommentare:

Philia Libri hat gesagt…

Uh, jetzt freu ich mich noch mehr drauf :D

StefanieEmmy hat gesagt…

Das kannst du auch! Bin mir sehr sicher, dass das Buch nach deinem Geschmack ist ^^